Katzen und Menschen – eigentlich paradox
Katzen sind ja eigentlich von ihrem Grundverhalten ein Horror für den Menschen. Sie sind vollkommen eigenständig und faktisch immer souverän. Sie bestimmen, wann wir eine Audienz erhalten und wann wir ihnen zu Diensten sein dürfen.
In jeder Partnerschaft sind derartige Eigenschaften ein k.o. -Kriterium und würden sich unsere Kinder so verhalten, wäre permanent Stress angesagt.
Dennoch hat die Anzahl von Haushalten, die Stubentiger zu ihren Bewohnern zählen, kontinuierlich zugenommen. Das ist umso paradoxer, da die eigentlichen Gründe, aus denen man sich in der Historie Katzen hielt, allem voran die Mäusejagd, heute kaum noch eine Bedeutung hat.
Domestizierung – Wer hat hier wen?
Wenn von Domestizierung der Katze die Rede ist, dann wird im Allgemeinen die über Jahrhunderte durch Kreuzung herbeigeführte Zucht von Katzenarten mit bestimmten Eigenschaften gemeint. Allerdings hat genau diese Zucht auch für unzählig viel Elend und eine Reihe von genetisch bedingten Krankheiten geführt. Manche Arten haben aufgrund von genetischen Defekten nur geringe Lebenserwartungen oder aber erhebliche gesundheitliche Probleme durch ihre Schädelform und ihr Fell.
Dennoch ist es möglicherweise keinem Züchter gelungen – und ich möchte hier wirklich keine bösen Absichten unterstellen – eine Katze zu züchten, die sich wirklich domestizieren lässt. Alle Katzen haben ihre Haupteigenschaft des effizienten Jägers behalten, zu dieser Effizienz gehört nach meiner Ansicht auch das Leben in der Gemeinschaft – egal ob mit Gleichartigen oder anderen Tieren (einschließlich Mensch). Ein Katzenleben in Nähe des Menschen ist dank moderner Medizin, oftmals hervorragender Umweltbedingungen und viel weniger Stress wegen der sicheren Versorgung mit Nahrung viel angenehmer und erheblich länger, als in der Natur.

Ich habe meine eigene Domestizierung (ja Ihr lest richtig) in einen Katzenhaushalt bereits mit unserem ersten Kater vollzogen. Während auf dem Land – ich habe dort einen Teil meiner Jugend verbracht – Katzen tatsächlich als Haustiere wahrgenommen werden, sind sie im städtischen Leben zumeist Familienmitglied. Ich kann daran auch nichts schlimmes feststellen, schließlich – wie in jeder Partnerschaft – vertrauen wir einander und versuchen uns aufeinander einzustellen, wenn die Beziehung von Dauer sein soll. Mit Rückblick auf meine Katerchen, die verstorbenen wie den lebenden, kann ich heute sagen: Ich bereue es nicht. Wir hatten viele schöne Stunden, aber es war schwer, die Tiere altern und sterben zu sehen. Wer mal den Film „Highlander“ unter diesem Aspekt betrachtet, nun gut Katzen spielen dort keine Rolle, der kann den Schmerz des Lebenden sehen, an dem das Leben seiner Gefährten im Zeitraffer vorbeizieht.

Unsere Domestizierung fängt damit an, für die Katze zu sorgen, wenn sie uns darauf aufmerksam macht, dass kein Futter da ist, das Klo gereinigt werden muss, dringendes Spielbedürfnis vorhanden ist. Es setzt sich fort, wenn sie klarmacht, dass die Zeitung ein Kissen ist und nicht zum Lesen zur Verfügung steht, die Sofa- oder Sesselecke für den Schönheitsschlaf reserviert ist usw. Wir lassen solche Machtproben geschehen und geben uns geschlagen. Wegen des wohligen Gurrens oder der liebevollen Berührung, dem Schnurren oder dem zarten Abschlecken der Hand. Katzen zeigen uns, dass man mit Zuneigung mehr bewirkt, als mit Drohgebärden. Weil sie wissen, dass sie uns körperlich unterlegen sind.

Lebensphasen des Katzenhalters
Ich glaube es gibt drei Arten des Katzenhalters, die aus seiner Lebensphase abgeleitet werden können.
Vor-Familiärer Katzenhalter
Oftmals ist die Katze oder der Kater ein Ersatz für Lebenspartner oder wenn dieser da ist fürs Kind. Es dreht sich alles um den Lebenspartner mit Fell und die Vorstellungen von Partnerschaft und Familie werden auf das Tier übertragen. Ich kann das nur aus Gesprächen mutmaßen, da ich persönlich nicht in der Situation war, habe auch Verständnis dafür. Ich hätte allerdings kein Verständnis, wenn der Fellpartner in der folgenden familiären Phase gnadenlos aussortiert wird.
Familiärer Katzenhalter
Die stressigste Phase unseres Lebens, wenn die Aufzucht des eigenen Nachwuchses, die Lebenspartnerschaft mit Gleichartigen und die mit dem Felltier auszutarieren ist. Aber es ist auch die Zeit, in der – Balance vorausgesetzt – die meisten Vorteile aus dieser Partnerschaft erwachsen, weil eben die Katzen spüren, wann wir Ruhe und Trost brauchen, weil sie uns dann genauso zur Seite stehen, wie ein echter Lebenspartner.
Post-Familiärer Katzenhalter
Wenn die Kinder ausziehen. Ein alter Spruch sagt. „Die letzten Kinder haben ein Fell.“ Ich finde den Spruch lustig, auch wenn ich persönlich lieber einen Partner in meinen „Fellkindern“ sehe. Wenn die Kinder ausziehen, werden viele Partnerschaften auf die Probe gestellt, ob sie emotional wirklich noch Partnerschaften sind oder nur noch eine zweckgebundene Aufziehgemeinschaft waren. Das geliebte Felltier ist dann oft ein für diesen Übergang wichtiges gemeinsames Haben. Ich bin jetzt seit etwa zehn Jahren in dieser Lebensphase, der Tod unseres ersten Katers war für unsere Partnerschaft eine erste Bewährungsprobe und wir haben uns für neue Katerchen entschlossen, nachdem wir die „kinderfreie Zeit“, verbunden mit der Trauer um einen Gefährten nur uns selbst gegönnt hatten.
Aufgenommen in die Katzenfamilie
Wurde unser Kater noch in unsere Familie aufgenommen, war das bei den beiden Brüdern Micky und Spiky anders herum. Ich bin hier in die Familie meiner beiden Katerchen aufgenommen worden, nicht ohne Eifersuchtsdramen zwischen den beiden, wer wohl mehr Anrechte an mir hätte. Ich merke heute, vierzehn Tage nachdem mein Micky gestorben ist, dass mein Spiky dabei bislang zu kurz kam, vielleicht ist es die Gerechtigkeit der Natur, dass er nun, nach dem Tod seines Bruders, das alles nachholen kann, was sein dominanter Bruder vorher auf sich allein vereint hat.

Katze und Mensch – eine gute Symbiose
Mein Fazit: Katzen und Menschen sind verschieden und gleichzeitig gleich. Wir suchen Unabhängigkeit und gleichzeitig Bindung. Wir leben in Gesellschaft länger und besser und wir können uns viel Zuneigung und Trost spenden. Vorausgesetzt wir entwickeln Achtung und Verständnis füreinander und sind bereit, Kompromisse einzugehen. Katzen lassen sich auf uns ein, wenn sie uns vertrauen und schenken uns dafür viele entspannte Stunden. Wir sind über viele Jahrhunderte zu einer guten symbiotischen Verbindung gereift.

Sehr schön beschrieben 🙂
Nicht-Katzenhalter halten einem ja oft für nachlässig oder unfähig, wenn es nicht gelingt, Katzen vom Tisch wegzubringen oder sie sonst irgendwie zu erziehen….das können nur Leute verstehen, die selbst Katzen haben oder hatten.
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